Ich brauche keine Hilfe. - Oder doch?
Hilfe annehmen: Die unterschätzte Superkraft erfolgreicher Menschen
Martina Talamona
12/8/20243 min read
"Ich brauche keine Hilfe."
Kennst du diesen Satz? Hand aufs Herz: Wie oft hast du ihn schon gesagt? Er ist der treue Begleiter aller Perfektionisten und "Ich-hab-alles-im-Griff"-Menschen. Wie ein eingeübtes Mantra begleitet er uns durch den Alltag, während wir insgeheim vielleicht schon längst am Limit laufen.
Ich kenne diesen Satz nur zu gut. Als HR-Leiterin war ich Expertin darin, anderen zu helfen - selbst Hilfe anzunehmen? Undenkbar! Bis das Leben mir einen Strich durch die Rechnung machte: Innerhalb eines Jahres verlor ich fast meine gesamte Sehfähigkeit. Plötzlich war er da, der Moment der Wahrheit: Ohne Hilfe ging nichts mehr.
Der hohe Preis der "Ich schaff das alleine"-Mentalität
Die Wissenschaft zeichnet ein klares Bild: Dieses ständige "Ich mach das schon" hat seinen Preis. Studien der Harvard University zeigen: Menschen, die selten um Hilfe bitten, haben ein deutlich höheres Stresslevel, erkranken häufiger und - besonders interessant - machen nachweislich mehr Fehler.
Dabei ist es fast schon ironisch: Gerade die Erfolgreichsten, die scheinbar "alles im Griff" haben, tappen am häufigsten in diese Falle. Je höher die Position, desto größer die Hemmschwelle, andere um Unterstützung zu bitten. Als wäre es ein Zeichen von Schwäche, nicht alles alleine stemmen zu können.
Warum tun wir uns das an?
Die Antwort ist komplexer als gedacht. Unser Gehirn spielt uns dabei einen interessanten Streich: Es interpretiert "Hilfe brauchen" als Bedrohung. Evolutionsbiologisch macht das Sinn - wer Hilfe brauchte, war früher möglicherweise zu schwach zum Überleben. Heute ist diese Reaktion etwa so hilfreich wie unser Fluchtreflex beim Anblick einer Spinne im Badezimmer.
Die überraschende Wahrheit über das Helfen
Die Forschung zeigt, dass Menschen, die uns um Hilfe bitten, als kompetenter wahrgenommen werden - nicht weniger! Eine Studie der Harvard Business School fand heraus: Führungskräfte, die gelegentlich um Rat und Unterstützung bitten, werden von ihren Teams als stärker und authentischer eingeschätzt.
Noch erstaunlicher: Wer anderen hilft, profitiert selbst am meisten. Der sogenannte "Helper's High" ist real - unser Körper schüttet dabei die gleichen Glückshormone aus wie beim Sport. Menschen, die regelmässig anderen helfen, haben ein um 40% geringeres Burnout-Risiko.
Hilfe annehmen - aber wie?
Zugegeben, es ist nicht einfach. Aber wie bei allem im Leben können wir es üben. Hier sind drei bewährte Strategien:
1. Fang klein an
Bitte bei einem überschaubaren Projekt um Unterstützung, statt alles alleine durchziehen zu wollen. Das kann ein Gespräch sein, in dem du dir eine zweite Meinung holst, oder eine Aufgabe, bei der vier Augen mehr sehen als zwei.
2. Mach es anderen leicht
"Könntest du kurz drüberschauen?" ist leichter zu erfüllen als "Ich brauche deine Hilfe".
3. Sieh es als Geschenk
Wenn du andere um Hilfe bittest, gibst du ihnen die Chance, sich gut zu fühlen. Ja, wirklich!
Der Elefant im Raum: Warum wir trotzdem keine Hilfe wollen
"Aber ich will niemanden belasten!"
"Was denken die anderen?"
"Das ist doch peinlich!"
Diese Gedanken sind normal. Aber, ganz ehrlich: Wie reagierst du selbst, wenn dich jemand um Hilfe bittet? Fühlst du dich belastet - oder nicht eher geschmeichelt?
Die Wissenschaft bestätigt: Menschen, die uns um Hilfe bitten, finden wir sympathischer. Es ist der sogenannte "Benjamin Franklin Effekt" - benannt nach dem amerikanischen Erfinder, der beobachtete, dass Menschen, die uns einen Gefallen tun, uns danach mehr mögen.
Ein persönliches Fazit
Heute weiss ich: "Ich brauche keine Hilfe" ist oft nichts anderes als verkleidete Angst. Angst vor Verletzlichkeit, vor Kontrollverlust, vor dem Eingeständnis eigener Grenzen.
Die grösste Überraschung? Hilfe anzunehmen, sehe ich heute als Stärke. Ich habe einen viel besseren Umgang mit meinen Ressourcen. Ich kann nicht alles, und schon gar nicht alles am besten oder schnellsten. Die Hilfe von anderen Menschen verbessert meine Ergebnisse und stärkt die Zusammenarbeit und die Beziehungen.
Mein Tipp für heute:
Wage es, diese eine Sache, die du schon lange vor dir herschiebst, nicht alleine anzugehen. Frag jemanden um Hilfe. Vielleicht merkst du dabei: Die Welt geht nicht unter - sie wird sogar ein bisschen besser.
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